Alexander Bold

„An dem Platz , an dem ich aufgewachsen bin, wird seit 1000 Jahren Keramik hergestellt.“ So Karl Manfred Rennertz; 1952 geboren wuchs er in Langerwehe zwischen Düren und Aachen auf und stammt aus einer Familie von Töpfern und Keramikern . Er studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Prof. Alfonso Hüppi und lebt heute in Baden-Baden.

„Karl Manfred Rennertz ist Bildhauer und sein Material ist Holz“, (Zitat Ende) schreibt Gabriele Uelsberg im Katalog zur Ausstellung 1992 im Forum Ludwig in Aachen .Die Motorsäge mit der er seit nunmehr 20 Jahren hantiert, bringt den gellendsten Schrei in der Holzbearbeitung hervor , wenn sich die Kettenzähne vom drehfreudigen Zweitaktmotor angefeuert in das Holz fressen oder in die Gliedmaßen des Sägers einschlagen sollten.

Rennertz wirkt als bedächtiger Mensch und setzt sich dennoch vermummt wie ein Samurai das Sägeschwert führend dem gefährlichen Schaffensprozeß aus. Die Erotik der Arbeit , das meditative Element und in weiter Ferne vielleicht erst Verdienst und Anerkennung wirken in der Regel als Triebfeder bei der künstlerischen Freilegung des erratischen Blocks. Die Art der Arbeit bedingt auch das formale Ergebnis: Die Motorsäge kerbt nicht wie ein feines Schnitzelmesser. Ihre Handhabung zeitigt grobflächige, keilförmige Einschnitte, die dem Gesetz der Gravitation folgend zunächst vertikal verlaufen, lediglich von der Gegenkraft des Werkstoffes und der Willenskraft des Künstlers in die Schräglage eines Kräftparallelogramms gezwungen. Die Säge hinterläßt Schrunden und Schürfungen.

Auch wenn die Rennertzschen Figuren, Pflanzen und Zapfen in Ihren Blätter- Pfeil und Keilformen zur Erde weisen, so wachsen Sie dennoch paradoxerweise nach oben, als ob sie sich vom Boden gen Himmel abstoßen wollten. Die Skulpturen suchen und finden ihre Balance in der ausgewogenen und statischen Gewichtsverteilung.

In den malerischen Darstellungen des Künstlers dreht sich öfters ein Kreisel und leitet seine Stabilität aus der dargestellten Bewegung ab. Werden wir irgendwann Skulpturen sehen können, die ihr Gleichgewicht aus kinetischer Energie beziehen ?

In der Literartur , in der Rubrizierung und in der Bemühung von „Ismen“ werden bei der Würdigung des Werkes von Karl Manfred Rennertz Expressionismus, Primitivismus, und Kubismus angeführt:

Kubismus als Überführung der natürlichen Rundungen und Kreisformen der Baumstämme in die geometrischen Grundformen Dreieck und Rechteck. Anhand der im Vordergrund stehenden Figürlichkeit, findet dennoch eine Auseinandersetzung mit Moderne und Abstraktion statt.

Expressionismus , da der Künstler seinen Skulpturen ( jetzt für Altphilologen), Flora, Fauna und Femina und wenn man die Säule mit Columna und die Herzen mit Corda bezeichnen will, mit einem satten Blau, einem leuchtenden Orange oder einem kalten Weiß zu einer ausdrücklichen Intensität und einer Akzentuierung der Flächen verhilft.

Der Primitivismus schließlich, der schon ganze Künstlergenerationen von Picasso bis Penck beschäftigte und beeinflusste, manifestiert sich in der Nähe zu den Lebensbäumen westafrikanischer Künstler, aber auch der Nähe zu den Totempfählen nordamerikanischer Indianer oder den Masken, die der Künstler auf die ausgesägten Holzkeile aufmalt. Rennertz Blick richtet sich dabei nicht in die Vergangenheit, sondern gegenwartsbezogen auf ein Hier und Jetzt.

Ruth Händler die Stuttgarter Korrepondentin von ART schreibt dazu über das Ouevre: „Die kantigen Schädel, die kubistischen Formen der zu spitz zulaufenden Keilen abstrahierten Torsi, die expressive Gestik der Hände, die oft dominierend den Körpern aufliegen, und der wuchtige Fußklotz, der ihre Geburt aus dem Stamm festhält und sie wie auf einer kleinen Insel aus der Umgebung heraushebt, verleihen diesen Holzwesen einen eigentümlichen, zeitlosen Ausdruck. Sie können ängstlich, nervös stolz, selbstbewußt, elegant, schwerfällig, fragil, verschreckt oder geknickt wirken und bleiben doch Kunstfiguren zwischen Natur, Geometrie und Menschenbild .“

Neben den Urelementen wie Erde und Luft spielt das Feuer, das Flämmen und das Zündeln ein wiederkehrende Rolle im Wirken von Karl Manfred Rennertz. Seit in einer Ausstellung in Nordhorn ein Brandanschlag auf eine seiner Figuren vorgenommen wurde, zündet der Künstler zuweilen selbst seine Holzskulpturen an oder malt mit dem Propangasbrenner auf Dachpappen seine Kopfbäume.

Beton- schade, daß Beton nicht brennt, so waren in den 70ern von den 68ern gemalte Parolen auf den Sünden der Architekten und der Bauleute zu lesen. Und in der Tat Beton ist unter den gängigen Werkstoffen wie Stahl und Holz, derjenige der dem Feuer am längsten standhält. F90 flüstern die Betonverfechter, das heißt, daß Beton eine Feuerbeständigkeit unter bestimmten Voraussetzungen von 90 Minuten besitzt, während Stahl sich verbiegt und Holz vor sich hin lodert.

Diese Ausstellung hier in Ettlingen kommt nach Auffassung von Rennertz für ihn eineinhalb Jahre zu früh, da er sich mitten in einer neuen Werkphase befindet: Beton und armierender Stahl haben Einzug in sein Schaffen gefunden und in ersten Kreiselfiguren ihre Ausbildung gefunden.

Von Künstlern wird angenommen , daß sie bis zum 50. Lebensjahr etwa als junge Künstler zu gelten haben, dann schließe sich bis zum Ende der 70 , die gereifte Schaffensperiode an, die dann ab 80 in das Alterswerke münde. Ist das jugendliche Feuer bei Karl Manfred Rennertz in eine Phase der Mannesreife gemündet, kommt zu den zwei Urelementen Luft und Feuer, jetzt noch das Wasser und die Erde hinzu, mit denen er den Beton anrührt?

„An dem Platz , an dem ich aufgewachsen bin, wird seit 1000 Jahren Keramik hergestellt.“ habe ich eingangs zitiert.

Ich sehe seine Arbeit mit Beton eher als die Schließung eines Kreises einer Aufnahme des Werkstoffes seiner Vorfahren, denn auch Zement besteht zu einem Anteil aus Ton. Und Zement ist bevor er mit Wasser reagiert und im Zyklus des Mondes, nämlich in 28 Tagen als Beton aushärtet, auch gebrannt worden. Die Bäume werden einstweilen weiter wachsen.